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Casino Royale (USA/GB 2006, M. Campbell)

 
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Rene



User seit: 25.08.2006
Beiträge: 3171

BeitragVerfasst am: 24.11.2006 12:14    Titel: Casino Royale (USA/GB 2006, M. Campbell) Antworten mit Zitat

gesehen jeweils am 23.11. und 26.11.2006 (Kino: Kinocenter Gernsbach und Schauburg Karlsruhe); 3/5

“Wodka-Martini, shaken or stirred, sir?” – “Do I look as if I give a damn?”

Ein Prä-Bond, also ein jüngerer Bond tritt auf in "Casino Royale", der sich seine Lizenz zum Töten und seine spätere Souveränität noch erarbeiten muss, der noch Niederlagen einstecken muss (und kann). Nach langer Zeit basiert ein Bond-Film wieder auf einem originalen Bond-Roman von Ian Fleming: „Casino Royale“ war der erste Roman der Serie überhaupt und dass bedeutet auch, wir sehen den "jüngsten" Bond bisher. In diese über vierzig Jahre alte Initiationsgeschichte eines Geheimagenten haben die Macher überzeugend einen Post-9/11-Bond-Film eingebettet, in dem (realer) Terroismus eine Rolle spielt und der sich durchaus etwas traut im Spiel von Tradition und Surprise, der frech, aber nie leichtfertig das Bewährte mit dem Unerwarteten mischt, uns die nostalgische Aura der Nobelhotels vom alten Europa genießen lässt, aber dort eine Schlägerei inszeniert, nach der Bond im Gesicht und an den Fingern brutal zerschunden ist. Was, wenn er kurz darauf an den Spieltisch zurückkehrt, natürlich wie weggewischt ist. Überhaupt ist das Töten in diesem Film nicht so selbstverständlich und grimmig in Szene gesetzt wie sonst üblich, sondern wirkt deutlich schmerzhafter, auch für den Zuschauer.

Sehr gelungen ist auch der erste Auftritt der großartigen Eva Green, bei der man immer noch den Film "Dreamers" von Bertolucci in Erinnerung hat und die weitaus mehr ist als das normale Bondgirl. Bond ist en route nach Montenegro, wo er im Casino gegen den Erzfeind Le Chiffre antreten soll, studiert im Speisewagen die Karte, da gleitet, in Schwarz und schön wie der Abendstern, eine Frau auf den Platz gegenüber: "I am the money ..." Es ist Vesper Lynd, vom britischen Schatzamt als Bewacherin abkommandiert - die Bond zehn Millionen zur Verfügung stellen kann fürs entscheidende Spiel, und weitere fünf in petto hat, falls sie es für richtig hält. Eine Frau, die Bond in die Schranken weisen kann...

Eva Green ist ein einziger Gewinn in diesem Film, und sie stellt die gewohnten Bedingungen, zu denen im Kino von Frauen und Geld erzählt wird, auf den Kopf, wenn es um Lust und Bezahlung geht, um Angebot und Nachfrage, um Prostitution. Dazu kommt jene erregende Schwerelosigkeit, wie sie das Zugfahren im Kino so gern vermittelt, diese vibrierende Bewegung an sich, diese Ungebundenheit zwischen den Orten. Man muss dennoch auf manches verzichten in diesem neuen Film, im Casino wird Texas Hold’em statt Bakkarat gespielt, Q wurde ausgemustert und seine liebevoll-mörderischen Gadgets (das einzige Gadget ist ein im Handschuhfach des Aston Martins eingebauter Defilibrator, mit dem sich Bond nach einer Vergiftung das Leben rettet), und selbst die Frage "Geschüttelt oder gerührt?" wird unwirsch mit einem "Sehe ich so aus, als ob mich das interessiert?" gekontert – was nicht programmatisch gemeint ist, sondern rein situationsbedingt: Man muss sich daran gewöhnen, dass es Momente gibt, in denen diese Frage zweitrangig ist.

Nach "Die another day" (2002), der in seinem Effekte- und Kulissen-Größenwahn und seinen ins Comicartige überzeichneten Bösewichtern die Kernelemente der Serie an den Rand drängte, konnte eine Rückbesinnung auf ursprüngliche Agentenfilm-Werte nur gut tun. So hat „Casino Royale“ einen deutlich härteren Ton, ist geradliniger, realistischer und auch: einfühlsamer. In diesem Zusammenhang erscheint auch die Besetzung der Titelrolle mit Daniel Craig sinnvoll: Im Vergleich zu Pierce Brosnan ist er ein proletarischer Bond, kantig, durchtrainiert, schwitzend, sich hemdsärmelig in Anzügen sichtlich eingeengt fühlend, etwas humorloser und sogar verwundbarer. Schon die in grobkörnigem Monochrom gehaltene Anfangssequenz stimmt uns auf diesen düsteren, rauen Bond ein, der leichthin auch auf der anderen Seite des Gesetzes stehen könnte. Bald darauf folgt eine furiose Action-Sequenz: eine fast zehnminütige Verfolgungsjagd durch und über alle Hindernisse zu Fuß zwischen Bond und einem top-athletischen Terroristen (Sébastien Foucan, eine der Mitbegründer der Extremsportart Parkour), die mit viel Bewegung und Schießerei in einer Botschaft endet.

Bond hat einen Körper, und er hat Probleme mit seiner Identität. „Macht Ihnen das nichts aus, wenn Sie diese Leute umbringen“, fragt Vesper Lynd, und er: "Ich wäre nicht gut in meinem Job, wenn es das täte." Damit ist man endgültig herausgetreten aus der synthetischen, irrealen Welt der früheren Filme, das ist wie das Erwachen aus einem Traum. Am Ende, nach einer brutalen Foltersequenz, outet Bond sich als Masochist. Und auch der Gegenspieler, Mads Mikkelsen als Le Chiffre, ist ein Schmerzensmann, er vergießt Bluttränen aus dem linken Auge. Alles in allem ist "Casino Royale" bestes Kino-Entertainment von hoher Qualität, einen der besten Actionfilme der letzten Jahre und ohne jeden Anflug von Größenwahn einer der gelungensten James-Bond-Filme überhaupt.
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"Film is like a battleground: love, hate, action, violence, death. In one word: emotion."
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