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La double vie de Véronique (F/PL 1991, K. Kieslowski)

 
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Rene



User seit: 25.08.2006
Beiträge: 3171

BeitragVerfasst am: 27.12.2006 16:53    Titel: La double vie de Véronique (F/PL 1991, K. Kieslowski) Antworten mit Zitat

gesehen am 15. und 17.12.2006 (DVD), am 01.08. und 16.12.2011 (BD); 5/5

Eine Musikstudentin (Irène Jacob) in Polen entdeckt zufällig in einer französischen Studentin ihre Doppelgängerin. Als die polnische Veronika bei einem Konzert stirbt, mehren sich die Anzeichen, dass ihre Seele auf die französische Véronique übergegangen ist.

"La double vie de Véronique" ist ein poetischer Film über eine subjektive Wahrnehmung der Welt, über die rätselhaften, mystischen Botschaften, die ein Leben bereit hält und welche aus Träumen, aus persönlichen Einsichten und seelischen Befindlichkeiten entstehen. Wie viele Filme des Filmemachers Kieslowski ist dies ein Film darüber, wie ein Leben von mehr als nur dem, was man mit dem rationalen Verstand begreifen kann, beeinflusst werden kann und wie verschiedene Leben sich beeinflussen oder gar einander bedingen können.

Kieslowski kreiert einen unerklärlichen Zusammenhang zwischen dem Leben von Weronika und den Veränderungen, die Véronique in ihrem Leben vornehmen will. Die Verbindung zwischen diesen beiden jungen Frauen wird durch den Gebrauch von kreisförmigen Bildern, optischen Spiegelungen und Blicken auf die Welt durch Fenster oder Glaskugeln beschwört. Die Geschichte bewegt sich in metaphysischen und mystischen Gefilden, wenn Bilder aus Weronikas Leben wieder in Träumen von Véronique auftauchen, wenn man nicht sicher ist, in welchem Leben man sich gerade befindet. Gerade an der Bruchstelle des Films, nachdem Weronika tot zusammengebrochen ist und wir uns kurz darauf bei Véronique wiederfinden, lässt uns Kieslowski mit seiner traumartigen Inszenierung über die Identitäten zweifeln. Kritiker haben in der Vergangenheit die lose Struktur, den fehlenden zwingenden Zusammenhang (auch in Bezug auf die katholischen Metaphern) bemängelt, aber Kieslowski war auf eine mehrdeutige Kinoerzählung aus, die eher durch Stimmungen Kohärenz gewinnt und welche jedem Zuschauer genügend Interpretationsspielraum belässt, eine universelle Geschichte auch, die überall verstanden werden kann.

Kieslowski behandelt das Doppelgängermotiv nicht so sehr in einem religiösen Kontext, sondern eher in einem subjektiven, persönlichen Rahmen – dem von Véronique (Weronika) – genau das nimmt dem Film etwas thematische Schwermut ab. Wir sind völlig bei Véronique, wenn sie das Tonband hört, das ihr geschickt wurde, und wir hören nichts anderes als sie, sogar ihr Schlucken, wir teilen ihre Neugier über das Geheimnis des Bandes, obwohl wir, wir sie, schon ahnen, wohin es führt. Die spirituelle Dimension lässt den Film jedoch nie abheben, die Bilder bleiben stets der Realität verbunden: sie deuten Altern, Sterblichkeit und Zerbrechlichkeit des Lebens an, vor allem, weil Véronique / Weronika nicht als Heilige dargestellt werden, sondern als normale, fühlende Menschen. Kieslowski beweist zudem in diesem Schlüsselfilm seiner Karriere, der einen Übergang von den eher düsteren, politisch motivierten Werken hin zu den lyrischeren Spätfilmen markiert, ein Mal mehr auch sein dokumentarisches Auge: er geht auch auf den politischen Hintergrund der damaligen Zeit, dem Ende des Kommunismus in Ost-Europa, ein, wenn er Straßendemonstrationen in Krakau oder das Entfernen einer Lenin-Statue von einem öffentlichen Platz zeigt.

"La double vie de Véronique" ist, inhaltlich und stilistisch, einer der einflussreichsten Filme der 1990er Jahre; Filmemacher wie Wong War-wai, Steven Soderbergh, Jean-Jacques Annaud oder Tom Tykwer wurden in den folgenden Jahren mit ihren eigenen Kinowerken zu Kieslowskis ästhetischen Erben. Auch Kameramann Sladomir Idziak machte sich durch die Zusammenarbeit mit Kieslowski einen Namen; die eigensinnige Farbgebung und Lichtgestaltung des Films, u. a. durch Einsatz von speziellen Gelb-Filtern, hatte bald viele Epigonen gefunden.
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"Film is like a battleground: love, hate, action, violence, death. In one word: emotion."
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