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Bluebeard's eight wife (USA 1938, E. Lubitsch)

 
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Rene



User seit: 25.08.2006
Beiträge: 3171

BeitragVerfasst am: 25.02.2019 02:12    Titel: Bluebeard's eight wife (USA 1938, E. Lubitsch) Antworten mit Zitat

gesehen am 24.02.2019 (DVD); 4/5

Männer sind hart. Sind sie besonders hart, knallhart, wie man gern sagt, werden sie möglicherweise Boxer. Sind sie noch härter als hart, können sie sogar zu Killern werden. Doch die härtesten aller harten Männer sind die Geschäftsmänner, aber auch für sie kommt die Stunde des Knockouts. Wenn ihnen die richtige Frau begegnet und herzbrecherisch tätig wird. Oder wenn der Regisseur Ernst Lubitsch sie mit ein paar schnellen, beinahe zierlichen Schlägen zu Boden schickt. Monsieur Potin ist einer dieser Männer, er hat nur einen kurzen Auftritt, kurz vor dem Ende des Films. Aber bei Lubitsch sind auch die kurzen Auftritte unvergesslich. Dieser Monsieur Potin hatte eines Tages beim Studium der Börsennachrichten plötzlich das beglückende Gefühl, ein Huhn zu sein. Also flog er in die Küche und bat darum, unverzüglich zu einer guten Hühnersuppe verarbeitet zu werden. Jetzt ist Monsieur Potin im Sanatorium, dort trifft er einen anderen geistig verwirrten Geschäftsmann, das ist Mr. Brandon, gespielt von Gary Cooper, und der ist natürlich der männliche Held und Superstar des Films: Blaubarts achte Frau, entstanden 1938.

Mr. Brandon, Multimillionär aus Amerika, hatte sieben Frauen. Er hat sie nicht getötet, was ja vielleicht sogar ein Zeichen von Verzweiflung und Leidenschaft wäre. Er hat sie einfach, als wären Frauen Wertpapiere, schnell gekauft und rasch wieder abgestoßen. Doch nun kommt der hünenhafte Yankee nach Frankreich, und dort läuft ihm Nicole de Loiselle über den Weg, gespielt von der ziemlich winzigen Claudette Colbert. Und die entdeckt, wie es sich für eine romantische Komödie gehört, in dem garstigen, geldgierigen Kerl einen Riesen des Herzens. Aber um ihn zu bezwingen und für immer zu erobern, das ist Lubitschs Kriegslist, muss sie ihn erst auf seinem eigenen Kampfplatz besiegen ihm zeigen, dass eine schlaue (und vor allem: verliebte) Frau notfalls härter und kälter sein kann als der härteste Mann.

Man spielt nicht mit der Liebe, heißt der strenge Titel eines französischen Dramas von Alfred de Musset. Ja wieso denn nicht?, scheint Lubitsch zu fragen, ist die Liebe denn nicht das zwar schwierigste, aber doch weitaus interessanteste Spiel von allen? Und natürlich spielen in Lubitschs verwegener Partie nicht nur die verliebten Subjekte mit, sondern auch die keineswegs leblosen Objekte. Ein Pyjama zum Beispiel, Jacke und Hose. Die Kleider, die Hüte, die Treppen, die Türen. Und eine königliche Badewanne, von Ludwig dem Vierzehnten, die vielleicht auch nur ein Waschbecken ist.

In Amerika kam 1934 gegen die Verlotterung der Sitten durchs Kino der Hays-Code zur Anwendung. Von einem gegen Lubitschs Filme ermittelnden Beamten dieser Institution ist die Bemerkung überliefert, man sehe genau, was er meine, nur beweisen könne man es ihm leider nicht. Lubitsch bedient sich des Kinos, um sinnliches Scheinen, eine Kategorie der klassischen Ästhetik, zu materialisieren.
Die Promiskuität in seinen Filmen ist unterbaut mit der Auflösung der alten Klassenstrukturen, in operettenhafter Übertreibung, damit sie für Amerikaner noch bis in den Mittleren Westen verständlich wird. Auf die Zusammenhänge wird optisch angespielt, ohne dass sie direkt abgebildet wären. Eine bestimmte Architektur bekommt, neben ihrem dramaturgischen, einen neuen Symbolwert. Seit der Renaissance waren die Bilder über die Perspektive der Architektur verbunden und oft durch sie fundiert. In dieser Art von Kino dient Architektur der Destabilisierung.

Lubitschs Filme fordern nicht zur Identifikation auf, noch weckt ihr ostentativer Luxus Neidgefühle. Das wird allein durch die elliptische Struktur verhindert, die dauernd zu bedenken gibt, was nicht im Bild ist, nicht nur das Umfeld, sondern auch die Kehrseite. Die im Namen von Realismus an ihnen geübte Kritik beweist nur, wie das Denken und die Bilder, die aus der Werbeindustrie kommen, die kaptitalistische Ästhetik unterschwellig bearbeiten.

Alles ist um eine Spur zu überdreht, zu weit, zu weiß, eben: paramount. Die leicht verblödeteten feinen Leute repräsentieren nicht eine Klasse, sondern sind ästhetische Produkte. So drücken sie sich, wie hier, ineffektiv auf Bankposten herum, komische bis traurige Figuren. Die Hochstapler dagegen, die Aufsteiger und Goldgräber, weiblich wie männlich, wollen den Mehrwert, sie arbeiten hart und leben gefährlich. Claudette Colbert hat in den 1930er Jahren am häufigsten solche Rollen gespielt, mal absteigende Adlige, mal aufsteigendes Chorusgirl, immer hinterm Geld her.
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"Film is like a battleground: love, hate, action, violence, death. In one word: emotion."
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