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Die bleierne Zeit (D 1981, M. von Trotta)

 
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Rene



User seit: 25.08.2006
Beiträge: 3171

BeitragVerfasst am: 06.08.2019 17:08    Titel: Die bleierne Zeit (D 1981, M. von Trotta) Antworten mit Zitat

gesehen am 06.08.2019 (BD); 4/5

Wie die Gesellschaft zu verändern ist, ob mit revolutionärer und terroristischer Gewalt oder durch kleine, schrittweise Veränderungen - oder eben gerade durch sich widerstrebende Kräfte? Ein protestantisches Pfarrhaus der 1950er Jahre bildet den familiären Hintergrund zweier Schwestern, sie wollen sich daraus befreien, wollen die »bleiernde Zeit«, wie sie von Trotta mit einem Hölderlin-Zitat gekennzeichnet wird, abstreifen. Die eine engagiert sich beim Aufbau einer feministischen Zeitschrift, während die andere zur Tat greift, was sie zur Terroristin macht. Ein kleiner Junge zerreißt das Foto seiner Mutter. Die Mutter war die Terroristin, sie ist tot, man fand sie erhängt in der Gefängniszelle. Ihre Augen wurden vor der Leichenstarre nicht geschlossen. Ganz langsam zerstört der Junge das Foto. Schnitt. Großaufnahme. Die Hände des Kindes sind verkrüppelt – die Folge eines Brandanschlags, dem der Sohn der Terroristin in einem Akt der Vergeltung zum Opfer gefallen ist. Mit dieser Szene endet der Film. Jan heißt der Junge im Film.

Die Figuren verweisen auf das Zeitgeschehen um den RAF-Terrorismus: Gudrun Ensslin, deren Schwester und Sohn, Felix Ensslin. Aus der Abfolge von verschiedenen Zeitebenen, aus der Bezugnahme auf eine nachempfundene Tragödie macht von Trotta einen betont klarsichtigen Film. „Trauer, das wird zwischen vielerlei Tun ein einsames Geschäft“ – diesem Satz Ingeborg Bachmanns, der vorangestellt ist, wird durch den Film widersprochen: wir nehmen teil an zu leistender Trauerarbeit.

Wie viele Brüche in der Biographie verträgt ein Mensch? Eine „virtuelle Mutter” nennt er Gudrun Ensslin heute, aber auch eine, „die ein ganzes Spinnennetz an Interpretationen hinterlassen hat, aus dem man sich nicht sehr leicht befreien kann”. Das Bild der toten Gudrun Ensslin aus Stammheim hing lange in seinem Jugendzimmer. Sich von einem Vermächtnis, und sei es nur einem vermeintlichen, zu lösen, sei „intellektuelle Arbeit”, sagt Ensslin. Über Wut oder Trauer redet er nicht. Immer wieder haben andere in seinem Leben etwas Besonderes gesehen, und bisweilen hat er das auch selbst getan. Es gab eine Zeit, da spürte er durchaus den Reiz, „Randfigur der Geschichte” zu sein.

Der amerikanische Autor Paul Auster hat ein schönes Buch mit lauter wahren Geschichten über den Zufall verfaßt, der nichts als ein Zufall sei. „Das Rote Notizbuch” heißt es. Felix Ensslin liebt dieses Büchlein, und er sagt, es sei Zufall gewesen, dass ihm in seinem Leben so vieles zugestoßen sei. Andere Menschen würden darin sicher eine Abfolge von Zwangsläufigkeiten sehen. Von Trotta macht daraus einen konventionellen Spielfilm.
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"Film is like a battleground: love, hate, action, violence, death. In one word: emotion."
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