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Vertigo (USA 1958, A. Hitchcock)

 
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Rene



User seit: 25.08.2006
Beiträge: 3171

BeitragVerfasst am: 19.02.2007 20:45    Titel: Vertigo (USA 1958, A. Hitchcock) Antworten mit Zitat

gesehen am 13.02.2007 und 13.07.2009 (DVD); 5/5

Im Grunde ist Ex-Cop Scottie Ferguson selbst schuld, weil er gegen das älteste Gebot des Krimis verstößt und sich mit der Frau einlässt, die er bloß observieren sollte. Er kann nicht anders, verhält sich berechenbar unprofessionell und muss dafür auch büßen. „All in love is fair“ sang Stevie Wonder knapp zwanzig Jahre nach „Vertigo“. Er ist der sensibelste, von Skrupeln und Schwächen am meisten geplagte Detektiv der Filmgeschichte, kein aufklärender Akteur, eher ein Zeuge für das Scheitern und die Gebrechlichkeit der menschlichen Gesellschaft. Es ist die Geschichte einer langsamen und schmerzlichen Bewusstwerdung. Dennoch ergibt sich in diesem dialogarmen und eleganten Film die Chance auf ein Happy End, wenn auch mit einer genreunüblichen Prise Nekrophilie. Hitchcock hielt nichts davon, die Erwartungen der Zuschauer zu erfüllen. Sein Kino rotiert zwischen Alptraum und Omnipotenzphantasie, es hat seine Zuschauer so fest am Zügel, dass sie kaum bemerken, wie sie geführt werden, genauso wie auch die Figuren in seinen Filmen manipuliert, geführt werden.

Man hat den Blick und den Blickenden, den Mann und die begehrte Frau. Eigentlich ist er pervers, ein Stalker, kann man fast sagen, und Hitchcock schlägt sich auf die Seite des Kinos. Er zeigt ihn nicht als einen Mann, den wir verstehen müssen, mit dem wir uns identifizieren sollen – wir müssen durch die Perspektiven nicht an dieser Perversion teilnehmen. Das machen viele Trottel heute, sie drehen Serienmörder-Filme, in denen man in die Perspektive des Killers gedrängt wird, da läuft dann ein Song von Eric Burdon, während ein Schädel gespalten wird, als müsste man dabei Spaß haben – so was hätte Hitchcock nie gemacht.

Mit einer wesentlichen Ausnahme prägt die eine Perspektive den Film und es ist (natürlich) die männliche, was zu vielen Andeutungen und Zwischentönen darüber sorgt, wie der männliche Blick Frauen vergegenständlichen und kontrollieren möchte. Akademiker, besonders Laura Mulvey, haben die berühmte Sequenz, in der Scottie Judy in Madeline verwandelt, als eine Art Musterbeispiel dafür gedeutet, wie sich Männer gegenüber verletzbareren Frauen durchsetzen. Die Tatsache, dass Hitchcock an einer entscheidenden Stelle des Films die wahre Identität von Judy (für den Zuschauer) enthüllt, ohne dass Scottie es erfährt, führt vor allem dazu, dass wir den Charakter Scotties kritischer und differenzierter betrachten oder, wie Robin Wood es (in „Hitchcock’s Films Revisited“) ausdrückte, „seine Obsession nicht teilen, sondern studieren“. James Stewart ist der ideale Besessene, wir haben es ihm nie zugetraut.

Hitchcock und die Farbe. „Vertigo“ ist ein Film der Grüntöne, durch Filter und mit Neon hergestellte und in den Kleidern. Um den Schnitt der Kleider kümmerte sich Hitchcock weniger, erzählt Edith Head, die die Garderobe machte, aber Grün wollt er, Nilgrün, Smaragdgrün, Todesfarben.

Wir wissen ja, sagt Hitchcock zu Truffaut, dass es Farben im Prinzip nicht gibt - auf die Farblosigkeit der Außenwelt anspielend und den aktiven Beitrag eines jeden Betrachters, zusammengesetzt aus dessen Erinnerungen, Erwartungen, Assoziationen und Wünschen, ohne die keine Farbwarnehmung zu Stande kommt. Eben der Vorstellungsbereich, in dem sie sich vollzieht ist der bevorzugte Ort von Hitchcocks Filmen.
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"Film is like a battleground: love, hate, action, violence, death. In one word: emotion."
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