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Rene
User seit: 25.08.2006 Beiträge: 3171
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Verfasst am: 27.08.2019 00:19 Titel: Once upon a time... in Hollywood (USA 2019, Q. Tarantino) |
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gesehen am 26.08.2019 (Kino: Gartenbaukino Wien); 4/5
Tarantino macht seinem Publikum weis, sein Film sei eine Reise ins Wunderland des alten Kinos. Tatsächlich ist sein Hollywood der Spiegel des großen Amerika, der Spiegel einer Spaltung, die anhält bis in die Gegenwart, eine Geschichte der Gewalt, die das Kino festgehalten hat. Auf der anderen Seite steht das vom Kino Verleugnete, das Reale. Gut ist Tarantinos Einfall, diese Spaltung als Geschichte zwischen einem abgehalfterten Schauspieler und seinem Stunt-Double zu erzählen.
Ein period picture, verortet in das Jahr 1969. Amerika führt in Vietnam einen Krieg, von dem die Politiker längst wissen, dass er nirgendwo hinführt. Ständig laufen irgendwo billige Westernserien, die Tarantino in seinem filmischen Gobelin liebevoll aufbereitet hat, und nachts kleben die Neonreklamen wie Plastiksterne am Himmel über L. A. Der Mainstream kapert die sexuelle Revolution, es gibt Premieren für Sexfilme, und Sharon Tate wundert sich: "Premierenfeier auch bei Pornos?" Eine paar Hippies hüpfen über die Straße, sie singen "Alles ist eins", und mit lasziven Bewegungen erregt eine junge Frau die Aufmerksamkeit des Stuntmans. Einmal hält ein klappriger Lieferwagen, die Aufschrift ist verblichen. Ein Mann steigt aus – es ist Charles Manson, der mörderische Sektenführer, der Amerikas weggeworfene Kinder einsammelte.
Die conditio humana ist bei Tarantino von schwarzer Natur, und das wird auch der Grund sein, warum sein Angriff auf die Bildermaschine so heftig ausfällt. Hollywood beutet die prekäre Menschennatur aus, es weidet sich an der Niedertracht, am Hauen, Stechen, Abknallen, Erpressen, Betrügen, Kopfgeldjagen. In endlosen Wiederholungen doubelt das Kino den sozialen Darwinismus, und der Italo-Western doubelt den US-Western. Auch Sharon Tate kann sich dieser Retro-Gesellschaft nicht entziehen. Sie geht ins Kino, setzt sich ins Publikum und wiederholt ganz unschuldig ihre eigenen Gesten aus dem Film "Rollkommando". Auch sie doubelt sich selbst, in Kampfszenen.
Die linke Gegenkultur denunziert Tarantino nicht. Sie erscheint bei ihm ebenfalls als ein Double, als Teil der Gewalt, die Amerikas Bilderfabrik ihr ins Hirn gespült hat. Tatsächlich war die Manson-Ranch früher eine Außenstelle Hollywoods, die Hippies lebten in den alten Kulissen, gleichsam auf dem Schrottplatz abgedrehter Geschichten. Und doch, das zeigt Tarantino auch, hätten sie anders handeln und sich Mansons Befehl widersetzen können, anstatt die Kinogewalt als Ausrede zu benutzen.
Die moderne Kultur Nordamerikas hat keine Idee von sich selbst, sinnlos kreist das Land in den Kulissen seiner verblichenen Größe und führt Krieg gegen sich selbst. Für diesen Krieg liefert die Kulturindustrie die optischen Trigger, sie produziert Kinoware mit Antagonisten wie dem zweitklassigen Schauspieler, die die gesellschaftliche Gewalt personifizieren, fassbar machen und entsorgen – ein Motiv, das Tarantino schon im Drehbuch von "Natural Born Killers" entfaltet hatte. Der Kult der Gewalt hält Amerika zusammen, sogar die Manson-Sekte sitzt hier andächtig vor dem Fernseher, wenn die Serie "F.B.I" läuft, Propaganda dafür, wie effektiv die Behörde das Land "vor dem Feind schützt".
Merkwürdig ist das Spiel mit Namen und Verwechselungen, gleich am Anfang besteht ein Produzent darauf, er heiße Schwarz und nicht Schwartz. So ist es wie immer bei Tarantino. Sobald die Wörter nichts mehr bedeuten, sobald sie nicht mehr die Welt, sondern nur noch sich selbst spiegeln, öffnet sich die Pforte zur Hölle. Die Gesellschaft kreist dann nur noch um sich selbst und ist nicht mehr auf Empfang. _________________ "Film is like a battleground: love, hate, action, violence, death. In one word: emotion." |
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