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Rene
User seit: 25.08.2006 Beiträge: 3171
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Verfasst am: 21.10.2006 23:43 Titel: Letter from an unknown woman (USA 1948, M. Ophüls) |
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gesehen am 13.10.2006 (DVD) und 09.04.2010 (Kino: Filmclub 813); 4/5
Wien um 1900. Eine Kutsche in regnerischer Nacht. Stefan Brand wird von zwei Freunden verabschiedet, die ihn um fünf Uhr zu einem Duell abholen wollen. In seiner Wohnung übergibt ihm sein stummer Diener Johann einen Brief. Noch über eine Waschschüssel gebeugt, beginnt Stefan zu lesen. Dann geht er mit dem Brief an seinen Tisch. – Rückblende ("By the time you read this letter, I may be dead": Lisas Erzählstimme): als junges Mädchen betrachtet sie (Lisa) neugierig den Einzug des Pianisten Stefan Brand in „ihr“ Haus, lauscht fasziniert (auf der Schaukel) seinem Spiel; sie steht in der Tür zum Vestibül, als er das Haus verlässt und sie freundlich grüßt. In den Bibliotheken studiert sie Noten; sie besucht die Tanzschule, dringt heimlich in die Wohnung von Stefan ein, bewundert alle Gegenstände wie Devotionalien. Als sie von ihrer verwitweten Mutter erfährt, dass diese den Militärschneider Kastner heiraten will, was den Umzug nach Linz bedeutet, gerät sie in große Erregung. Bei der Abfahrt läuft sie vom Bahnhof weg, zurück in das Haus. Dort beobachtet sie, wie Stefan eine Frau mit in seine Wohnung nimmt. – Später, in Linz: sonntäglicher Kirchgang mit den Eltern, dem Oberst und mit Leopold, dem jungen Leutnant, dem Lisa, als er um ihre Hand anhält, sagt, sie sei schon verlobt: mit einem Musiker in Wien, von dem ihre Eltern nichts wüssten. – Jahre später: Lisa arbeitet in einem Modesalon in Wien als Vorführdame. Eines Nachts steht sie auf verschneiter Straße vor Stefans Haus. Straßenmusikanten laufen vorbei. Stefan kommt heraus, bemerkt Lisa uns spricht sie an, ohne sie wiederzuerkennen. Sie gehen durch die Nacht, in einem Café sagt er eine Verabredung ab, sie essen in einem Séparée. Bei einer Kutschenfahrt durch die verschneite Stadt kauft Stefan ihr eine weiße Rose. Im Prater lassen sie in einem Zugabteil Panoramen an sich vorbeiziehen. In einem nächtlichen Prater-Café tanzen sie (als letzte Gäste) Walzer, eine müde Damenkapelle spielt. Stefan spielt auf dem verstimmten Klavier. Später in seiner Wohnung umarmt Stefan Lisa, sie küssen sich. – Stefan besucht Lisa im Modesalon: Er muss auf eine Konzertreise nach Mailand; sie verabschieden sich am Bahnsteig. – Kreissaal eines Spitals; Lisa weigert sich, den Namen des Vaters zu nennen; ihr Sohn wird Stefan heißen. – Wiederum Jahre später: Lisa, mit dem Diplomaten Johann Stauffer verheiratet, versorgt den jetzt etwa siebenjährigen Stefan zur Nacht; er darf in ihrem Bett schlafen; das Ehepaar besucht eine Aufführung der Zauberflöte. Im Foyer der Oper sieht sie den deutlich gealterten Stefan Brand. Während Papageno singt, sucht Brand von seiner Loge aus Lisas Blick. Lisa verlässt mit der Begründung, sie habe Kopfschmerzen, die Aufführung. Vor dem Opernhaus wird sie von Stefan angesprochen, der sie schon irgendwo gesehen haben will. In ihrer Kutsche wartet, unerwartet, ihr Mann; sie begründet gegenüber ihm: sie könne nicht dagegen an; er mahnt Anstand und Ehre an. – Lisa bringt ihren Sohn zum Zug, zuerst in ein gesperrtes Abteil, in dem ein Typhus-Kranker gereist ist. Sie sagt, sie werde in zwei Wochen nachkommen. In der Nacht sucht sie Stefan in Wien, kauft vor seinem Haus einen Strauß weißer Rosen und geht hinein; Stauffer beobachtet sie dabei aus der Kutsche. Stefan Brand erkennt Lisa nicht wieder, betreibt belanglose Konversation und kredenzt Champagner. Lisa verlässt Wohnung und Haus. – Ein Zimmer im Krankenhaus, Lisa schreibt einen Brief: ihr Sohn sei gestern gestorben. Der Text des Briefes bricht ab; von Schreibmaschine und fremder Hand folgt ein Zusatz: die Kranke habe vor ihrem Tod den Namen des Adressaten immer wieder genannt. – Stefan legt den Brief zur Seite. Er sieht Lisa und sich: die letzte Kuss-Szene, die Begegnung auf verschneiter Straße, beim Walzer im Prater-Café, Kutschenfahrt, der Prater, der Tanz, Stefan am Klavier. Draußen sind Kutschen vorgefahren. Stefan geht hinaus und sieht Lisa, das Mädchen, in der gläsernen Vestibültür stehen. Stefan steigt in die hintere Kutsche ein; sie fahren in die Nacht.
Die Synopsis folgt einer englischsprachigen Kopie von 84 Minuten Länge; die Originallänge des Films wird indessen mit 87 Minuten angegeben, ebenso die Dauer der deutschsprachigen Verleihfassung von 1950. Eine früher im deutschen Fernsehen gezeigte Kopie hat eine Sendelänge von 71 Minuten, was, umgerechnet von 25 auf 24 Bilder/Sekunde eine Länge von etwa 74 Minuten ergibt. In dieser Fassung fehlt unter anderem die Sequenz, in der Lisa Musik „lernt“. Oder eine Szene in Stauffers Haus nach dem Opernbesuch: da steht er (Stauffer) vor einem Arrangement von (Duell-)Waffen und erklärt, er werde alles tun, um Lisa vor ihrem Wahnsinn zu schützen (dass Stauffer der Gegner von Brand sein wird, kann man in der Fernsehfassung nur noch erraten). Oder Lisas heimlicher Adorationsbesuch in Stefans Wohnung (wobei sie am Ende von Johann überrascht wird), der mit zwei anderen Szenen korrespondiert: die Faszination des Mädchens beim Einzug Brands angesichts seiner Möbel, Lampen, des Flügels usw. sowie, beim letzten Besuch, ihr Gang durch Brands Zimmer, wo sie alle Gegenstände bis hin zum jetzt abgeschlossenen Flügel wie alte Bekannte zu begrüßen scheint.
Was die Fernsehfassung dem Film an Verstümmelung angetan hat, wird geradezu schmerzhaft sichtbar in der nächtlichen Sequenz, die mit der Begegnung im Schnee vor Brands Haus beginnt. „Sie gehen durch die Nacht, in einem Café sagt er eine Verabredung ab, sie essen in einem Séparée“: die Kamera erfasst das vorbeigehende Paar, das draußen die Ecke des Hauses umrunden muss, mit einem Schwenk von innen über Mobiliar und Gäste hinweg durch die Fenster (wie ein Echo auf diese Einstellung wird später in "Le Plaisir" die Fahrt von außen an den Fenstern der Maison Tellier vorbei sein), dann tritt Brand ein, während Lisa unter der Tür wartet; danach werden sie, immer noch von innen gesehen, draußen eine Kutsche besteigen. In der Fernsehruine fehlt der mittlere Teil: Brand betritt nicht das Café und Lisa wartet nicht an der Tür. Der Eindruck ist verheerend: es gibt keinen Anlass mehr, die Kamera aus dem Inneren des Cafés blicken zu lassen: sie erwartet Brand nicht mehr.
Dabei ist das ein bevorzugter Gestus der Kamera: sie wartet wie Lisa wartet. Sie wartet in Brands Wohnung auf Lisa; wartet im verseuchten Zugabteil, bevor Lisa und Stefan junior einsteigen; wartet im Kreissaal, aus dessen Hintergrund (und aus der Unschärfe) sich eine Schwester nähert; sie wartet mit Lisa hinter Glastür auf Brand, der die Treppe herunterkommen wird. Sie wartet mit Lisa, wie sie auf Lisa wartet. Zuerst mit dem Mädchen, das nicht nach Linz fahren wollte und vor Brands Wohnungstür hockt und dann die Treppe ein paar Stufen höher steigt, eine Treppe, die ins Nirgendwo führt und nur zum Warten und Schauen bestellt zu sein scheint. Von dort aus sieht Lisa – die Kamera blickt steil nach unten – Brand mit einer elegant gekleideten Frau das Haus betreten, die Treppe hochkommen, in die Wohnung gehen. Von dort aus, genau von dort, wartet die Kamera und blickt tief nach unten, wenn Lisa zusammen mit Brand das Haus betritt, die Treppe hochkommt und mit ihm in seine Wohnung geht.
Es ist, mehr noch als jede Dialogszene oder jede andere Aktion der Protagonisten, der Augenblick der größten Verdichtung des Films. Lisa scheint sich selbst zuzusehen, in dem Moment, in dem die Erzählhaltung des Films (seiner größten Partien: die Rückblenden) aus der Perspektive Lisas mit der Perspektive der Kamera, die in der Perspektive Lisas blickt, zur Deckung kommt. Oder zu kommen scheint: denn so „realistisch“ (und ironisch natürlich) die Szene und ihre Verdoppelung anmuten, so wenig hat das alles mit landläufigem Realismus zu tun. Jedes eine ist gegenüber jedem anderen leicht verschoben. Es ist eine Wirklichkeit, die der Film sich selbst schafft und die er gleichzeitig immerzu verwirrt.
Niemals wird es gelingen, die Innenarchitektur des Hauses exakt nachzuzeichnen, etwa die Lage der Wohnung von Mutter und Tochter zur Lage von Brands Wohnung genau zu definieren. Schon der Eingang zum Haus, das Vestibül, ist ein Mirakel; oder die Treppe, die ins Nichts führt; oder die Treppe an der Hof-Außenseite des Hauses, über die Lisa und ihre Freundin dem Diener Johann beim Transport des schweren Teppichs helfen. Und das Herz des Hauses ist die große Freitreppe, die sich in sanften Bögen nach oben schwingt, eine Treppe, viel zu kostspielig für ein bürgerliches Haus, ein fremder Gegenstand fast, das Juwel, der Solitär, liebstes Objekt einer schwerelos mitschwingenden und makellos in allen Variationen und da capos musizierenden Kamera. Franz Planer, der schon "Liebelei" fotografierte (und "The Exile), kann in "Letter from an unknown woman" dank der perfekten amerikanischen Studiotechnik machen, was ihm bei Liebelei verwehrt bleiben musste: hier wie dort wird zum Beispiel die Aufführung einer Oper vorzeitig verlassen. Aber bei der Entführung aus dem Serail kann nicht geschehen, was bei der Zauberflöte gewährt ist: zu zeigen, wie jemand die Oper verlässt; und als habe er etwas nachzuholen, zeigt Planer die große barocke Treppe im Foyer des Opernhauses nicht nur: er scheint sie vielmehr zu liebkosen.
Vielleicht ist das schon die „optique très féminine“ ist, die Louis Marcorelles "Letter from an unknown woman" attestiert. Es ist jedenfalls eine Optik oder Sehweise, in der sich alles Feste zu verflüssigen scheint. So deutlich sich die Kameraarbeit bemerkbar macht, etwa in den langen Parallelfahrten mit einbezogenen oder sich anschließenden Schwenks oder/und Veränderung des Neigungswinkels in der Linz-Sequenz, so sicher und souverän wir uns an die Hand genommen fühlen mögen –: es ist genau dieses Verfahren, das uns den Boden unter den Füßen wegzieht. Dazu kommt, dazu gehört das Grundmuster der Verdoppelung, das immer wiederkehrt und bewirkt, dass Ophüls’ Filme wie ein Spiegelkabinett anzusehen, wie ein Echotal anzuhören sind, denn auch die Verdoppelung spiegelt Sicherheit und Festigkeit vor: was kann uns schon passieren, das kennen wir doch schon.
Das aber ist die Falle, die in den ophülsschen Filmen aufgestellt ist, selbst in der kaum weiträumiger zu denkenden Offenheit eines Opernhausfoyers. Denn auch diese Treppe wird zweimal aktiviert, zuerst, wenn Lisa am Arm Stauffers inmitten einer Menge festlichen Publikums die große Treppe hinaufschreitet (und erst von oben, von der Balustrade sieht sie, und hört sie über in sprechen, Stefan Brand): da begleitet die Kamera Lisa noch, da ist sie ganz mit ihr verschwistert. Dann aber, während Papageno singt: „Ein Mädchen oder Weibchen wünscht Papageno sich“ (kurioserweise auf Italienisch!) und Lisa flüchtet, steht die Kamera in großer Distanz und folgt der Kurve der Treppe und der Kurve, die Lisa nimmt, nur aus dem Abstand, den sie von Lisa genommen hat: schneidender kann Ironie kaum sein. (Ein anderes Beispiel für das Verhalten der Kamera gegenüber Lisa: sie begleitet die junge Frau bei ihrem letzten Besuch in Stefans Wohnung, wo sie entschlossen ist, ihr Leben für ihn hinzugeben; doch wenn Lisa, enttäuscht von Stefans geschäftiger Kälte, mit der er comme il faut eine Liebesnacht vorbereitet und nichts als eine Liebesnacht, fortgeht und zum letzten Mal über die so oft beschrittene Treppe, folgt ihr die Kamera nicht mehr: für sie ist Lisa schon gestorben.)
„Each scene must have a life of its own apart from its dramatic function in the story“, schreibt Howard Koch in Erinnerung an die Zusammenarbeit mit Ophüls beim Drehbuch. Bei den Verdoppelungen ist es dieses „Eigenleben“ jeder Szene, das den Effekt der pessimistischen Ironie macht, durch die Evokation der ersten Erscheinung unter dem Aspekt der leichten Verschiebung der zweiten Szene, die sich über die erste zu legen scheint. Zweimal verabschiedet sich Lisa auf dem Bahnhof von einem Stefan, zuerst von Stefan Brand, dann, rund zehn Jahre später, von ihrem Sohn. Beide Male ist vom Wiedersehen in „zwei Wochen“ die Rede. Schon der erste Abschied ist überlagert von schmerzlicher Vorahnung (die in der Narration des Briefes, man hört die Stimme Lisas, bestätigt wird), so dass die „Wiederholung“ mit Stefan, dem Sohn, sogleich auch die Emotion wiederholt: Lisa „weiß“ in diesem Augenblick, dass sie ihren Sohn nicht wieder sehen wird. Obwohl sie nicht wahrgenommen hat, was dem Film (dem Zuschauer) nicht entgangen ist: das erste Abteil, in das sie mit Stefan stieg, war von einem Typhuskranken infiziert, der wahrlich hinter ihrem Rücken, während sie geschmerzt dem ausfahrenden Zug nachschaut, auf einer Bahre davon getragen wird.
Die Ironie dieser Szene ist nicht nur eine Ironie der Emotion, sie enthält auch die entschiedenste Ironisierung der Erzählhaltung. Immer vorausgesetzt, dass die Rückblenden erst in dem Maße zum Bild werden, in dem sie aus der Narration von Lisas Brief hervorgehen, löst (und befreit) sich die Narration des Filmbildes von der nur literarischen. Damit kommt, so scheint mir, Letter from an unknown woman an einem für das Werk von Ophüls konstitutiven Punkt an: die Freiheit, ja die Anarchie der Fantasie und der Visionen vor und von allem literarischen, gesellschaftlichen, psychologischen Kontext der Vorverständigung. Oder um mit Lisa zu sprechen, wenn ihr Stefan im verschneiten Prater sagt, dass er den Winter allen anderen Jahreszeiten vorziehe, aber nicht wisse, warum –: sie denke, dass er sich im Winter vorstellen könne, sie alles im Frühling aussehe, während es im Frühling nichts gebe, was man sich vorstellen könne. Nimmt man hinzu, das Henri in Sans Lendemain Evelyne, die schönste seiner Schönheitstänzerinnen, in dem Couplet von den vier Jahreszeiten, als die Allegorie des Winters präsentiert, der „schönsten der Jahreszeiten“, oder fügt man den Schnee hinzu aus Die Verliebte Firma über Liebelei bis Yoshiwara, kann es ein treffenderes Argument für den Film in Schwarzweiß kaum geben. Von dem Mädchen Lisa, schon fasziniert von Stefan Brand, schon von Vorahnungen ihres amour fou erfasst, sagt ihre Freundin, dass sie rot geworden sei: man braucht es nicht zu sehen, man kann es sich vorstellen. Oder um mit Ophüls zu sprechen: „Wort und Technik und logische Sichtbarkeit (sollten) im Film hinter das Bild zurücktreten, hinter die Vision, die im Kino zum Träger der künstlerischen Wahrhaftigkeit werden kann und die in sich zahllose Wunder verbirgt.“
Eines dieser zahllosen Wunder ist die Selbstverständlichkeit, mit der wir Brüche in der Erzählperspektive (die Typhus-Episode ist nur ein Beispiel, wenn auch das unerhörteste unter vielen) zu akzeptieren bereit sind. Oder dass Stefan Brand – bei aller Ichbezogenheit und Flatterhaftigkeit des jungenhaften Roué ein Mirakel – Lisa niemals erkennt oder wieder erkennt; und dass sie ihn trotzdem liebt, immer mehr als weniger in ihre Hingabe versunken; und dass sie sich ihm niemals zu erkennen gibt. Er erkennt sie nicht, und sie will nicht erkannt werden (obwohl es im biblischen Sinne des Wortes geschieht)? Michael Walker sucht die Antwort bei Freud (was läge in Wien näher?), indem er in Lisa die allwissende Mutter zu erkennen behauptet (die nicht zufällig den kleinen Stefan, ihr Abbild des großen Stefan, in ihrem Bett schlafen lässt, während sie zur Oper und damit – unterbewusst – zu Stefan Brand unterwegs ist), und in dem vergesslichen Liebhaber die leibhaftige Verdrängung. Auch Guérin verallgemeinert, indem er im ewig-weiblichen „selon Ophuls“ ein Prinzip festmacht, das „allen Wesen und allen Dingen erlaubt, ihre natürlichen Qualitäten zu enthüllen“, worauf „der Mann“, dem es nicht gelinge, „die Qualitäten der weiblichen Seele den Forderungen einer dominierenden Vernunft zu unterwerfen“, es vorziehe, sich davon zurückzuziehen: „La femme reste donc pour lui une éternelle inconnue qui finit par mourir de l’amour qu’elle garde en elle.“
Doch was ist die Antwort des Films auf das Enigma? Dass die Liebe um so größer und strahlender erscheinen kann, je weniger sie sich davon beirren lässt, nicht „erkannt“ zu werden? Wäre Lisa dann nicht ein Monster? Oder eine Heilige? Die Fetischisierung, di sie schon gleich zu Beginn mit den Objekten betreibt, die von den Möbelpackern in Stefans Wohnung gebracht werden, deutet in diese Richtung. Aber alle solche Ansätze zur Lösung des Rätsels sind bestenfalls statisch und haben mit der Bewegung des Films wenig zu schaffen. Die dokumentiert sich in der „unmöglichen“ Zumutung, dass Stefan Brand den Brief der Unbekannten liest, aber nur wir sie sehen sollen (Stefan „sieht“ sie erst ganz am Schluss, und die Bilder, Erinnerungsfetzen, die er sieht, sind an den Rändern mit Schlieren versehen, die Strukturformen des Gehirns, des Gedächtnisses, assoziieren lassen). Sie gibt sich zu erkennen in geradezu kontraproduktiven Einstellungsgrößen und –längen: in Momenten der extremen Emotion Lisas verhält sich die Kamera vollkommen kalt, das heißt sie hält Abstand, nicht nur von der Treppe, wenn Lisa die Oper verlässt, sondern – darauf hat Salt hingewiesen – zum Beispiel auch in der Linz-Sequenz. Film, ob schwarzweiß oder farbig, ist nicht Schnee (oder Literatur), Film bindet Fantasie, schreibt Fantasie fest und vor – bei Ophüls setzt er Fantasie gleichzeitig frei, indem er Abstand nimmt und das Rätsel, das Geheimnis uns überlässt.
Eine Kutsche kommt an, eine Kutsche fährt ab: der Kreis schließt sich. Immer wieder, ob in den Verdoppelungen, Wiederholungen oder einzelne Sequenzen abschließenden Bewegungen zeigt sich das gleiche Muster, das Muster des Walzers, des Reigens, von "Der Reigen". Ähnlich repetierend verhält sich die Musikmontage, die einzelne Motive nicht einfach verloren gibt (der Walzer zuerst als source music der Damenkapelle und von Stefan am Klavier, dann vom Orchester übernommen; das Operetten-Lied der Straßenmusikanten: „Nur für Natur schwärmte die Melanie“): der Kreis ist die zentrale Metapher, die ewige Wiederkehr des Gleichen ist angezeigt, Zirkelschlüsse werden nahe gelegt: das Geheimnis ist das Geheimnis ist das Geheimnis. Und: niemand kann sich wirklich verändern, jeder bleibt da, wo er ist, etwa in der Prater-Bahn, die sich keinen Zentimeter von der Stelle bewegt, während am Abteilfenster die Postkarten-Ansichten von Venedig (wieder Venedig wie in Die Verliebte Firma) vorbeiziehen wie in Yoshiwara die russischen Schneefelder, und wenn die Tour an ihrem Ende angekommen ist, bestellt Stefan das Ganze noch einmal von vorn. Alles nur Wiederholung, nichts verändert sich wirklich, die Kamera mag den Protagonisten die Räume öffnen, sie begleiten, sie mit sich reißen, treppauf, treppab auf diesen Bühnen der Kommunikation: ihr Immobilismus widersteht allen Angeboten. So sind sie nichts als Konfigurationen der Kunst und ihres verschwiegenen Vampirismus. So oft der Film noch einmal anfangen, so oft der Brief einer Unbekannten in seine Hände kommen könnte: Stefan Brand wird immer nur unter seiner Leselampe am Schreibtisch sitzen können. Die einzigen, die sich bewegen (könnten), sind wir. _________________ "Film is like a battleground: love, hate, action, violence, death. In one word: emotion." |
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