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Nashville (USA 1975, R. Altman)

 
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Rene



User seit: 25.08.2006
Beiträge: 3171

BeitragVerfasst am: 09.01.2007 19:35    Titel: Nashville (USA 1975, R. Altman) Antworten mit Zitat

gesehen am 03.01.2007 (DVD) und 23.02.2013 (Kino: Filmclub 813); 5/5

Robert Altmans Film "Nashville" führt seit dreißig Jahren ein Doppelleben: Flüchtige Betrachter sehen darin nichts als zweieinhalb Stunden Durcheinanderbrabbeln, angereichert mit grauslicher Musik und einer diffusen politischen Botschaft – kurz: unguckbar. Auffallend viele Filmliebhaber hingegen nennen "Nashville" einen der aufregendsten und wichtigsten Filme der New-Hollywood-Ära, mindestens aber Robert Altmans bedeutendsten Film.

Tatsächlich wird in "Nashville" viel durcheinander geredet und recht grauslich gesungen. Wer sich davon nicht abschrecken lässt, wird reich belohnt: mit einer Fülle zauberhafter Kurzgeschichten, mit zwischenmenschlichen Abgründen, wie sie nur Robert Altman einzufangen versteht – und mit dem Gefühl, eine Parallelwelt erlebt zu haben, deren ziellosem Sprudeln man gern noch ewig zusehen würde. Dass der Film außerdem eine hellsichtige politische Botschaft zu bieten hat, nämlich der, dass in den USA (und heute auch in Europa und Asien) Politik, Privatleben und Unterhaltungsindustrie Bestandteile einer manipulierten Konsumwelt sind, erscheint da fast schon nebensächlich.

Der Haupterzählstrang dieses Wunderwerks ist noch halbwegs überschaubar: Zwei Dutzend Charaktere, die meisten von ihnen Country-Sänger und -Sängerinnen, geraten in den fünf Tagen vor den Vorwahlen in Tennessee in die Maschinerie eines mysteriösen Präsidentschaftskandidaten namens Hal Phillip Walker. Der bleibt den ganzen Film hindurch unsichtbar, beschallt aber über die Lautsprecher seines Wahlkampf-Vans ganz Nashville: "Ich stehe für gesunden Menschenverstand, ich will nichts Kompliziertes." Seine Agenda besteht darin, "die Anwälte aus der Politik zu vertreiben" und eine neue amerikanische Nationalhymne einzuführen, weil die alte nicht eingängig genug sei und ihr Text so umständlich.

Mit diesem Film startete Altman gleichsam ein eigenes und offenbar auch nur von ihm beherrschbares Filmgenre, das amerikanische "Monumental-Mosaik". Übertragen auf die Malerei wäre es vergleichbar mit Tübkes "Bauernkrieg" oder Picassos "Guernica" - das Ganze gewürzt mit Goyas bitterer, mitleidender Beobachtungsgabe für die kleinen Dinge des Lebens. Altman führt Dutzende Personen und Schicksale zueinander oder aneinander vorbei. Die Kamera durchquert dabei distanziert, beinahe verhalten, aber äußerst präzise die miteinander verbundenen Erzählstränge. Indem Altman uns hören lässt, was wir noch lange nicht sehen, oder auch sehen lässt, was hinter den Fassaden geschäftiger Party-Plaudereien steckt, macht er uns zu Zeugen einer wichtigtuerischen, verunsicherten, zutiefst neurotischen Gesellschaft, deren Protagonisten ihre Einsamkeit mühsam zu kaschieren suchen.
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"Film is like a battleground: love, hate, action, violence, death. In one word: emotion."
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